Im Jahre 2008 erobern die ersten News-Apps die Herzen der Smartphone-Halter weltweit. Mit digitaler Schere und Kleber stümpern die kleinen Racker aus dem Wochenspiegel, dem Spiegel, 200 Katzenvideos und dem ALDI-Werbeprospekt täglich ihre eigene kleine Zeitung zusammen. Wir sind so stolz auf sie und applaudieren höflich.
Im Jahr 2013 sind die ersten News-Apps erwachsen. Statt herumzustümpern, schreiben sie die Nachrichten gleich selbst. Erdbeben in Indonesien? Amplitude, Verletztenzahl, Tsunami-Alarm. Der Bericht schreibt sich auch ohne menschliche Eingriffe. Und Videos von Überwachungskameras gibt es genug. Ein Zufallsgenerator generiert die neusten Geschichten über Kinder und Busenblitzer von Brangelina Sheen-Hilton und liefert weniger Photoshop-Peinlichkeiten als Gawker. Intensive Beobachtung von Tweets, GooglePlus und Baidu-Facebook ermitteln in Echtzeit, welche Nachrichten grade am besten geklickt wird und wie die Nachfolgemeldung aussehen muss.
Der politische Kommentar wird erst 2014 automatisiert, nachdem jemand den Algorithmus für Zynismus gefunden hat. Welch Geschenk für die Menschheit!
Im Jahr 2018 haben die Apps nicht nur die Luftmacht übernommen, um von jedem Punkt der Erde sofort senden zu können, sie sitzen auch in Forschungseinrichtungen, Machtzentren und im Enddarm von süßen Katzenbabies. Sie nähren sich von Sensationsgier und Klicks. Und sind nicht genug Nachrichten vorhanden, erschaffen sie sie. Ein Flugzeugabsturz mit 300 Toten ist schnell erzeugt, wenn sich alle Smartphones an Bord auf einmal einschalten, das allfällige Erdbeben in Indonesien lässt sich zielgenau per Wärmekraftwerk inszenieren.
Im Jahr 2023 erschaffen die Apps den automatisierten Leser. Wir sind überflüssig geworden.