Viel wird diskutiert ob dem Netz das vergessen beigebracht werden sollte. Die Wahrheit ist: Das Netz vergisst längst.
Sicher: die Usenet-Postings von vor 15 Jahren sind tatsächlich noch googlebar. Echt erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Speicherplatz für die ein Jahr geistige Ergüsse aus der ganzen Netzwelt von damals heute auf Daumennagel-Größe gespeichert werden können.
Wo aber ist der ganze Rest? Wo ist meine Super-Mario-Highscore von 1994? Die Bilder vom IRC-Treffen 1998? Wo sind die E-Mails, die beim lebenslang garantierten Epost.de-Postfach? Das Amiga-Forum? Das Lebensjahr, das ich auf Teamspeak verbracht habe?
Facebook will die Nachrichten eines ganzen Lebens verwalten? Wer wettet wirklich darauf, dass Zuckerbergs Geschäftsmodell eine Generation durchhält? Wenigstens doppelt so lange wie MySpace, Friendster, Geocities? Ich hab One-Night-Stands gesehen, die länger gehalten haben. Werden wir 2050 immer noch über das Starwars-Kid lachen? Und wie lange halten 2000 Wikileaks-Mirror vor? Fünf Jahre? Länger als die Presidential Library des Ex-Präsidenten Barack Obama?
Wikipedia ist grade Mal zehn Jahre alt – und trotzdem wären die ersten Edits fast verloren worden. Jetzt liegen sie wieder auf ein paar Servern rum, bis sie ein weiteres Mal vergessen sind, der Uni-Account der Enthusiasten abgelaufen ist und jemand beim Umkopieren die FTP-Server aufgeräumt hat.
Das Netz ist dement. Und wir mit ihm. Früher brauchten wir Jahresrückblicke, um wenigstens 5 bis 10 Mante zurückzudenken. Wer weiß aber heute noch, was die Trending Topics bei Twitter von letzter Woche waren? Wir können von Glück sagen, dass das Netz noch auf der physischen Welt aufbaut. Denn sonst hätten wir längst unser Töpfchen-Training verlernt und würden nur noch mit digitalen Windeln herumlaufen. Oder krabbeln.