Ironiefreier Mittwoch

Jedes Medium bringt auch eigene Umgangsformen hervor. Geschäftsbriefe ließen Damen und Herren zu Objekten der allgegenwärtigen Verehrung werden, die Standortbestimmung „Hier ist Berlin“ taugte als Erkennungszeichen der ZDF-Hitparade. Natürlich haben auch Email, Foren, Weblogs eigene Umgangsformen und Sprachregelungen mitgebracht.

Einer davon ist die Ironie. Besser gesagt: ein Übermaß an Ironie. Wann immer irgendjemand etwas sagt, warten viele Leute nur darauf, dem Beitrag mit der Allzweckwaffe „Ironie“ zu begegnen. Man verkehrt die Argumentation ins Gegenteil, man verteilt überschwengliches Lob, um dem Vorredner in Wahrheit eine Abfuhr zu verteilen, man verwickelt sich in Debatten, wie sie vermeintlich Gutmenschen führen würden. Wenn es ganz schlimm kommt, versucht jemand durch Geschmacklosigkeiten sarkastisch zu erscheinen.

Ironie ist schön und gut und manchmal auch wichtig. Sie kann verfahrene Argumentationen in neuem Licht erscheinen lassen, verborgene Dogmen entlarven oder ganz einfach nur Spaß machen. Ein richtig guter Flamewar ist eine Kunst, die von beiden Seite Geschick und auch ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen abverlangt. Doch einen richtig guten Flamewar habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gelesen.

Die feine Klinge der Ironie ist durch ihre Allgegenwart und der abhanden gekommenen Qualität stumpf geworden. Man stelle sich vor, wenn alle Texte nur noch in türkiser Kursivschrift zu lesen wären. Unerträglich. In Wahrheit lacht da draußen kaum jemand, wenn die ach so witzigen Bemerkungen in Massen über Webseiten und Mailinglisten geschoben werden. Statt Frust abzubauen, wird neuer Frust aufgebaut.

Macht mal den Versuch: Verzichtet einfach bewusst auf Ironie, sondern fragt offen und ehrlich nach. Antwortet ohne Überspitzungen, ohne Unterstellungen, versucht Euer Gegenüber nicht auf Teufel komm heraus zu blamieren. Ist das einen Tag lang zu schaffen? Ich versuchs Mal.