Nennt mich Tyler

Eben hab ich wieder festgestellt, wie klein doch die Netzcommunity ist. Besonders, was die streitbaren Geister angeht. Grade hat man sich an einen Schreihals gewöhnt, der ständig über die Wikipedia / die Parfümloby / das Blogger-Establishment aufregt, da taucht der selbe Name an ganz anderer Stelle auf einer Abmahnung / einem Boykottaufruf / einer unverholenen Drohung gegen einen Winzblogger / einen Pädophilen / eine Partei auf. Besonders spannend ist es, wenn die Trolle gemeinsame Interessen entdecken, und sich dann über Wochen gegenseitig bekriegen. Oder einen Verein gründen.

Ein Verein ist eigentlich gar keine schlechte Idee. Dabei denke ich an keinen e.V. Kein Grassroot-Movement und keine Partei. Eher ein Club. Troll Club. Einer muss es nur die ersten Schritte machen. Vielleicht sollte ja ich das in die Hand nehmen.

Zuerst brauche ich die Aufmerksamkeit der Trolle. Das erreiche ich, indem ich aufsehenerregende Schaukämpfe mit mir selbst liefere. Nichts gewöhnliches, ich schraube die Eskalationsstufen immer etwas höher. Klagedrohungen, Veröffentlichung privater Details, Kontonummern, vielleicht sogar heimlich aufgenommene Schnappschüsse vom vermeintlichen Gegner. Kontopfändungen. Der Schaukampf wird Publikum anziehen, darunter auch Trolle, die sich mal auf jene, mal auf diese Seite schlagen.

Mit einigem Geschick kann ich diese Gruppe zu ersten Treffen organisieren. Natürlich nicht öffentlich. Sondern im Verborgenen. In lokalen Newsgroups. In Gästebüchern von Tokio-Hotel-Fanclubs. Und in Webchats, die eigentlich der befriedigung primärer Sozialbedürfnisse dienen sollen. Die Kämpfe werden brutal, aber fair. Webmaster werden die Spuren des Kampfes wegräumen, nur der eine oder andere ausgeschlagene Zahn wird auf dem kalten Html-Betonboden liegen bleiben.

Dann Stufe 2. Wir ziehen aus den Kellern aus. Ich miete einen alten klapprigen Server, in dem wir uns organisieren. Natürlich darf nicht jeder rein, sonst macht es keinen Spaß. Ich werde die Trolle wie Dreck behandeln und sie werden mir dafür bedingungslos gehorchen. Sie schlafen auf Pritschen und stellen tagsüber schreckliche Webshops her. Oder Spam. Operation Chaos kennt keine Gnade. Schließlich lernen sie dann, Plastiksprengstoff zu mischen. Um ihn zu verkaufen. Oder um das Establishemnt zu stürzen.

Das ist der Zeitpunkt, mich mit Marla Singer zu verdünnisieren. Seien wir ehrlich: die meisten Trolle können mit Sprengstoff nicht umgehen, die zu erwartende Explosionen werden das Internet um einiges wohnlicher zurücklassen.