Mehr Dateien braucht das Land

Hurra, wir haben bald eine zentrale Steuer-Datei. Davon können wir alle profitieren. Weniger Konfusion und das Allgemeinwohl wird verlässlicher finanziert. Wenn einmal jeder alles über jeden anderen weiß, gibt es keine Lügen mehr, keine Peinlichkeiten, keine Konflikte.

Wenn man es sich recht überlegt, könnte die Allgemeinheit von noch einigen weiteren Dateien profitieren. Ein paar Vorschläge:

  • Der Hot-or-horny-Index: Soziale Netzwerke haben einen Nachteil: Jeder lügt so gut er kann und Handy-Fotos sind immer schrecklich. Wie soll man nun wissen, ob die 21jährige Psychologiestudentin mit einer Vorliebe für Action-Filme nun wirklich heiß ist? Die Lösung: Mindestens 15 verschiedene soiale Börsen und Partnervermittlungen steuern ihre Userdaten zu einem Real-Life-Attraktivitäts-Index bei. Darin fließen monatliches Einkommen, die Lieblingsmusik, Anteil von Pornos in der Browser-Cache und die gesammelten Bewertungen der individuellen sexuellen Performance durch Ex-Partner und völlig Fremde ein.
  • Die Geizer-Datei: Der Kunde kann auf Seiten wie pizza.de die verschiedenen Anbieter gegenüberstellen und Mindestbestellwert, genauen Standort und Kundenrezensionen abgleichen. Die Pizza-Kunden-Datei stellt Waffengleichheit her. Hier ist genau verzeichnet, wie oft der Kunde bestellt, ob er im vierten Stock ohne Aufzug wohnt und wie viel Trinkgeld er gibt. So kann der Pizzalieferant die Bestellungen individuell und verlässlich erfüllen und nebenbei kann er frühzeitig entscheiden, auf welche Pizza er spuckt.
  • Die Doof-Liste: Jeder, der bei einer Support-Hotline angerufen hat weiß: der Supporter nimmt an, dass der Anrufer nicht lesen kann, dass er nicht weiß wie man einen An-Schalter bedient und dass er insgesamt sehr beschränkt ist. Grund dafür: die meisten Anrufer bei Support-Hotlines sind beschränkt. Eine allgemein verfügbare IQ- und Bildungs-Erhebung der deutschen Bevölkerung könnte abhelfen. Intelligente Menschen werden direkt zu einem Second-Level-Supporter durchgestellt, der Rest wird durch 45 Minuten Bandansagen geleitet, die die üblichen Doofheiten der Kundschaft abdeckt: Stecker raus, falsche Hotline angewählt, der Penis im Ansaugstutzen. Vorteil am Rande: Jamba und Co können ihre Werbung gezielt an Menschen mit einem IQ unter 70 richten.
  • Die Datenschutz-Datei: In einer offenen Gesellschaft und einer Demokratie müssen sich Menschen frei entscheiden können, sich dem Daten-Wahnsinn zu entziehen. Wer sich auf die Uber-Robinson-Liste setzt, wird aus allen Datenbanken gelöscht. Nun – nicht gelöscht: Stattdessen wird sein Normwert auf Neutralstellung gebracht. Wer sich dem System entzieht, muss halt damit leben, als geiziger Analphabet mit Potenzschwäche zu gelten. Idealismus hat seinen Preis. Und die lustige Jamba-Werbung gibts obendrein.